Aphex Twin kommt mit Syro um die Ecke

Flower
Aphex Twin, dieser ziemlich zurückgezogen lebende Ausnahmemusiker heißt mit richtigem Namen Richard D. James. Aber was sind schon Namen? Man muss sich nur mal die Trackliste seines neuen Albums „Syro“ ansehen, da verliert man jeden Glauben an richtige oder falsche Namen. Aphex Twin hat sie nämlich einfach nach seinen Gerätschaften oder Computerprogrammen oder was auch immer genannt: Circlont6a, Circlon14, Papat4 und so weiter und so fort. Er darf das, dieser mittlerweile 43-jährige Produzent bzw. er muss das vielleicht sogar machen, denn seine Fans erwarten das von ihm.
Menschen, die noch nie von ihm und von seiner Musik gehört haben, fragen sich jetzt vielleicht: wie kann das sein, dass so einer überhaupt Fans hat? Seine Musik passt in keine Schublade, es gibt niemanden, der ihm musikalisch nahe kommt, er tanzt also komplett auf seinem eigenen Planeten, es gibt nur wenig Struktur und Melodie, an denen sich ein Mainstream-Pop-gewohntes Ohr festsaugen könnte. Aber das ist auch schon die Erklärung: Aphex Twin ist einzigartig und genial – auch 13 Jahre nach seinem letzten Album bekommt er immer noch diese Mischung aus fast schon kitschig und fast zu anstrengend hin. Und wenn man dann mal genauer hinhört bei Syro, dann sind die ganzen Stücke natürlich extrem strukturiert. Und voller schöner Melodien, die allerdings auch schon mal schnell enden können.
Lustig bei all dem ist natürlich die Aufregung, die entstand, als vor ein paar Wochen ein Zeppelin mit dem Aphex-Twin-Logo über London kreiste und dieses neue Album Syro ankündigte: Denn in den letzten 13 Jahren sind ja trotzdem immer wieder neue Stücke von ihm veröffentlich worden, meist unter seinem Pseudonym AFX. Aber ein neues Album, das ist offenbar etwas anderes. Klar, ist ja auch ein Statement.
Aphex Twin kommt übrigens aus einer Zeit, als die Schubladen noch nicht so streng getrennt waren – ich erinnere mich an erste Nächte im Tresor, als House und EBM und Techno und Breakbeats und Ambient ineinander gemischt wurden und das einfach aufregend war, weil all diese Arten elektronischer Musik neu waren oder neu wirkten. Dann ging es aber ziemlich schnell, das sich das in die einzelnen Szenen aufsplitterte. Und Aphex Twin hatte darauf, glaube ich, keine Lust. Und machte dann einfach seine eigene Schublade auf: Aphex-Twin-Musik. Fein.