Tot, aber gut

Flower
In letzter Zeit schwirrt mir immer wieder dieser Satz von Frank Zappa durch den Kopf, der mit „über Musik reden ist wie zu Architektur tanzen“. Für mich gilt er allerdings gar nicht – ich rede gerne über Musik, ich höre gerne, wie andere über Musik reden, und am allerliebsten lese ich über Musik, am besten, während die Musik, um die es geht, einem aus guter Anlage entgegenschallt. Im Briefkasten lag jetzt „Detroit Techno – Transfer of the Soul through the Machine“. Fein! Eine wissenschaftliche Arbeit über elektronische Musik!
Der Autor, Mathias Kilian Hanf, hat sich den Ur-Techno vorgenommen, arbeitet systematisch die Entstehungsgeschichte, die Bezugspunkte, die Bedeutung des Detroiter Technos ab.
Er tut das auf Englisch, aber so klar und gut strukturiert, dass sich das Buch, das aus der wissenschaftlichen Arbeit entstanden ist, besser liest als so manche deutsche Doktorarbeit. Das Dumme an solch wissenschaftlichen Arbeiten: So interessant sie auch sind, am Ende hat man die Hälfte doch schon wieder vergessen. Und die fast 63 Euro, die dieses ziemlich schmale Büchlein gekostet hat, machen einen auch nicht so richtig glücklich.
Das jedenfalls habe ich behalten: Als es in den 80ern losging mit dem Detroit Techno, haben die Macher versucht, musikalisch auf ihre Stadt zu reagieren – auf Detroit als Industriestadt, als Autofabrikzentrum, in der Roboter große Teile der Produktion übernommen haben. Und auf Detroit als Stadt, in der das Zentrum nach und nach zerfällt. Sie haben es geschafft, in ihre elektronischen Instrumente eine Art Soul zu packen. Und jetzt ist Detroit Techno tot.
Dazwischen gibt es die Geschichten, die man vielleicht schon mal an anderer Stelle gehört hat, es werden Vergleiche zum Hip Hop gezogen, Chicago als House-Stadt, es gibt Zitate von Kevin Saunderson und Derrick May und Jeff Mills und Juan Atkins und Blake Baxter, also den Hauptfiguren der Detroiter Technoszene, Detroit und seine Radioszene rund um The Electrifying Mojo, der zwar immer wieder in Interviews genannt wird, dessen Rolle ich aber für ziemlich überschätzt halte (er hat in seinen Sendungen englischen Synthiepop, P-Funk und Kraftwerk gespielt und soll damit unbeabsichtigt bewirkt haben, dass sich in Detroit so viele für elektronische Musik interessiert haben).
Wie gesagt: Sehr schön aufgedröselt, die ganze Geschichte, auch, warum sich mittlerweile eigentlich nur noch Nostalgiker für Detroit Techno interessieren. Also Leute wie ich.
Kurzkritik: Detroit Techno: tot, aber gut!
Mathias Kilian Hanf: „Detroit Techno – Transfer of the Soul through the Machine“. 115 Seiten (davon 20 Seiten Quellenverzeichnis). VDM – Verlag Dr. Müller. 62,99 €.