Top-10-Time!

Flower
Ick weeß ja ooch nich: Spielen die Charts überhaupt noch eine Rolle? Wenn ja, dann kann dem musik- interessierten Menschen Angst und Bange werden: Unglaublich, was sich da alles an Mist in der Gruppe der meistverkauften und -downgeloadeten Alben findet. Aber auch immer wieder krasse Alben, die so fern vom Mainstream sind, dass man sich fragt, ob Middle-of-the-Road-Radiosender wirklich so richtig liegen. Platz 1? Dreck. Aber bitte selber checken.
Platz 10: Pink „The Truth about Love“

So macht das die Powerfrau von heute: Ein Album über das größte aller Gefühle! Mächtig viel Druck in die Musik, die Klappe weit auf und dann mit viel Spaß an den Details gearbeitet. Pop ohne Melancholie, ohne Angst vor den Fehlern von gestern, heute und morgen.

Platz 9: Prinz Pi „Kompass ohne Norden“

Man braucht keine großangelegten Umfragen, um herauszufinden, was junge Menschen heutzutage denken und wie sie ticken. Man muss sich nur die vielen verschiedenen deutschen Hip-Hop-Platten vornehmen, die wie kleine Mosaiksteinchen ein großes Bild ergeben – sie alle sagen: „Ich bin wer!“ Und wer ist Prinz Pi? Vielleicht nicht der beste Rapper, aber ein sehr genauer Neuzeit-Poet.

Platz 8: Depeche Mode: „Delta Machine“

Falls Martin Gore und Dave Gahan von Depeche Mode überhaupt noch miteinander reden, dann stelle ich mir das so vor:
Du, Dave, unser Album ist in Deutschland immer noch in der Top-10!
Ja, Martin, was hast Du erwartet, die Deutschen lieben uns.
Aber, Dave, warum nur?
Na ja, elektronische Musik und große Gefühle das ist halt ihr Ding, Martin!
Aber so ernst meinen wir das doch gar nicht, Dave!
Ich schon, Martin! Ich schon!

Platz 7: Michael Buble: „To Be Loved“

Der volle Barriton dieses kanadischen Sängers und sein teils sentimentaler, teils poppiger Bigband-Sound lässt es einen manchmal vergessen. Aber nur kurz, dann fällt es einem wieder ein: Michael Buble ist ein Surrogat, ein minderwertiger Ersatz, die Kopie eines hochwertigen Originals. Aber wer ist das heute eigentlich nicht?

Platz 6: Gentleman: „New Day Dawn“

Genau, noch so ein Surrogat: Tilmann Otto, Pfarrerssohn aus Osnabrück, imitiert seit Jahren jamaikanischen Slang und jamaikanische Musik. Das verkauft sich, aber hat objektiv betrachtet weniger mit Bob Marley als mit Billy Mo zu tun: Das war der, der sich lieber einen Tirolerhut kauft, obwohl er aus Trinidad stammte.

Platz 5: Volbeat: „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“

Weiterer Abstieg der vor zwei Wochen auf Nummer eins eingestiegenen Band. Volbeat, die Elvis-Metal-Gruppe aus Dänemark, ist jetzt nur noch im Mittelfeld der deutschen Album-Top-10 zu finden. Am Urteil über diese Musik, die nur einen Aggregatzustand kennt – nämlich laut – ändert das nichts: Gut gemacht, aber auf Dauer mindestens so anstrengend wie starker Gegenwind beim Fahrradfahren.

Platz 4: Christina Stürmer: „Ich hör auf mein Herz“

Wenn die Plattenfirma einem schreibt, das neue Album von Christina Stürmer signalisiere Aufbruch und klinge gleichzeitig vertraut, dann weiß man schon, was einen erwartet: Beschiss! Und tatsächlich: Die österreichische Sängerin liefert exakt den massentauglichen Gebrauchspoprock, den man schon so lange von ihr kennt. Alles völlig ungefährlich und in etwa so wenig Rock’n’Rollig wie ein Treffen der Jungen Union.

Platz 3: Fler: „Blaues Blut“

Und noch einmal deutscher Hip Hop in den Album-Charts. Fler, Rapper aus prekären Westberliner Verhältnissen, fackelt nicht lange und erzählt uns seine Sicht der Dinge. Geradlining, bauchgesteuert, machomäßig, geld-, macht- und sexgierig. Musikalisch aber ganz interessant, weil sehr vom US-Trend Trap bestimmt.

Platz 2: Heaven Shall Burn mit „Veto“

Ist das nun gut oder schlecht, was die thüringische Band Heaven Shall Burn auf ihrem siebten Studio-Album macht? Für Nichtkenner der deutschen Metal- und Hardcoreszene schwer zu beurteilen, da wirkt es vor allem laut und schnell. Einer, der sich auskennt, sagte mir aber: Das ist echt gut! Tolle Songs, tolle Melodien, ganz viel Energie. Ich nehme das mal so hin ...

Platz 1: Frei.Wild mit „Feinde Deiner Feinde“

Und zum Schluss noch die Erfolgsformel der Woche: Schlechte Musik plus zweifelhafte politische Gesinnung plus große Kontroverse gleich Platz Eins in den Charts.