Berghain rules! Pop-Kultur Tag 2

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Der moderne Mann von heute macht das ja so: erst arbeitet er ein bisschen, dann geht er zum Sport (die letzten Trainingstage im Freibad ausnutzen), dann geht er ins Berghain. Pop-Kultur heißt nach wie vor das Festival, das in diesem legendären Berliner Club abgehalten wird. Und jetzt, an diesem zweiten Tag, ist mir eins so richtig klar geworden: erstens sind dort viele, vor allem aber sehr angenehme Menschen unterwegs - und zwar sowohl auf den Bühnen als auch davor. Musiker und Besucher haben sich also gesucht und gefunden. Es sieht so aus, als ginge das eben doch, das mit dem „miteinander auskommen“. Vermutlich also kein schlechter Zug von den Machern, in der ganzen Stadt Plakate auszuhängen, aber eben in - wie sagt man da? - zivilisierter Art und Weise.
Zweitens sind auf diesem Festival unglaublich viele Berliner Musiker und Musikschaffende zu finden. Aber eben nicht diese Musikindustriellen, die ja gar nicht an Musik interessiert sind, sondern nur an der sie umgebenden Industrie. Dafür die anderen: die Labelbetreiber, die Musikjournalisten, die Konzertveranstalter, die Musiker. Spricht sehr für die ganze Veranstaltung.
Apropos: wer so spät erst kommt, den bestraft der Zeitplan. Ich habe also heute NICHT gesehen (obwohl ich gerne hätte): Evvol, Anika & T.Raumschmiere, Neneh Cherry (die grandios gewesen sein soll), Kane West, Schnipo Schranke und Messer. Mist.
Dafür aber: Kiasmos mit ihrem, nun ja, romantischen Techno. „Ist ja wie in Ibiza“, beklagte sich ein Musikjournalist-Kollege. Aber Ibiza, das weiß man ja (und kann man nachlesen und nachhören) ist eine feine Insel. Und mir war nach schwerer Bassdrum, leichten Melodien und schwebenden Synthie-Flächen. Kiasmos deshalb genau richtig.
Und dann (siehe Foto) eine kleine Zeitreise mit Verbindung ins Hier und Jetzt: ein Gespräch von Heiko Hoffmann vom Groove-Magazin mit Stephen Morris, Gillian Gilbert, Daniel Miller und Owen Pallett. Also zweimal New Order, einmal der Labelchef von Mute Records - und der kanadische Weltenwandler Owen Pallett. Sie alle sprachen über gestern, heute, morgen. Und als Gillian Gilbert noch einmal erzählte, wie sie einst für Joy Division die Gitarre spielte (es hatte mit einem Flaschenwurf auf Sänger Ian Curtis zu tun), wurde es noch mal klar: geballte Musikgeschichte auf dieser kleinen Bühne. Daniel Miller ist übrigens nicht nur Mute-Gründer, sondern auch DJ. Sein Techno: vermutlich nicht so romantisch, sondern eher von der lichtlosen Art. Und Owen Pallett trägt Doc Martens. Morgen mehr!
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Pop-Kultur, Festival-Tag 1

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Da ist er schon wieder vorbei, der erste Tag des Pop-Kultur-Festivals im Berliner Berghain! Und es gibt einiges zu erzählen. Zum Beispiel das hier: es war ein schöner Tag bzw. ein schöner Abend. Das Berghain ist nach wie vor ein geheimnisvoller Ort, auch wenn mit Hilfe eines Tickets (oder eines Pressebändchens) jedes Bangen an der ach so harten Tür umgangen werden kann. Geheimnisvoll, weil dieses alte Heizkraftwerk so viele verwinkelte Orte hat, nicht kaputtsaniert wurde, von einer seltsamen Aura umhüllt wird.
Aber lassen wir das Berghain Berghain sein und widmen uns der Musik und dem Drumherum. Owen Pallett und Isolation Berlin, Andreas Dorau und Lapalux, Inga Copeland und noch so einige mehr sangen, spielten, lasen, diskutierten. Aber wie das immer so ist: ich habe dann doch nur Pantha du Prince, Fenster und Chikiss gesehen. Pantha du Prince, einer der großen Technoromantiker, trat mit Schlagzeuger (der Norweger Bendik Hovik Kjeldsberg) und Scott Mou (Panda-Bear-Kollaborateur) auf. Es ging um Masken und Roben, eine krasse Bassdrum, die das Herz zu Rhythmusstörungen verleitete und hohe Glockentöne bestimmten den Sound. Das mit den Masken und Roben, die irgendwie japanisch anmuteten, geht vermutlich noch besser. Die Musik war gut, sie waberte (und das meine ich jetzt alles im positiven Sinne) von Techno trifft Sisters of Mercy trifft Paul Kalkbrenner trifft Diamanda Galas trifft Kraftwerk. Nach einer Stunde ging ich vom Bass durchgewalkt aus der Halle am Berghain.
Fenster, diese vierköpfige Berliner Band, sang zu ihrem selbstgedrehten Film. Verstörende Bilder wäre jetzt vielleicht zu viel gesagt. Aber irgendwie ein bisschen aus der Bahn warfen sie schon. Aber nicht lange, denn da war ja auch noch die Musik. Eine Band, die Fenster heißt, lässt einen nicht im Regen stehen.
Und eine russische Sängerin, die gleichzeitig zwei Synthies bedienen kann und ein durchsichtiges weißes Kleid trägt, natürlich auch nicht. Chikiss heißt sie, sie spielte in der Panorama Bar im Berghain. Und wenn ich mir was wünschen darf, dann bitte das: Chikiss soll auf meiner Beerdigung (die hoffentlich nicht so bald ansteht) spielen. Mit beiden Synthies.
Morgen mehr!
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Ohne Probleme ins Berghain: der Pop-Kultur-Trick!

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Es gibt Menschen, die zahlen mehrere hundert Euro, wenn sie jemand garantiert ins Berliner Berghain hineinbringt. Kein Witz! Dabei gibt es ja einen viel besseren und billigeren Weg, der einen noch dazu mit großartiger Musik konfrontieren wird: das Pop-Kultur-Festival Ende August (26.08. - 28.08.2015). Drei Tage, die es in sich haben werden, drei Tage, in denen nicht nur das Berghain selbst, sondern auch die anderen Berghain-Anhängsel (die Panorama Bar, die Halle am Berghain, die Kantine am Berghain, die Schlackehalle, sowie die Berghain-Garderobe) bespielt werden.
Die Liste der Musiker, die das spielen werden, ist ziemlich lang und ziemlich gut, außerdem wird es zu jeder Menge außergewöhnlicher Begegnungen kommen. Nur ein Beispiel: wenn ein Hirnforscher (Dr. Tom Fritz) und ein Künstler (Norbert Bisky) über Techno sprechen, dann dürfte es ziemlich interessant werden. Warum? Weil der eine dem anderen vielleicht erklären kann, warum der beim Malen so gerne Techno hört.
Bevor ich jetzt alles aufzähle, was Ende August passieren wird, hier lieber meine persönlichen Hightlights (der Gesamtüberblick in Sachen Programm findet sich auf der Seite von Pop-Kultur): Ich freue mich auf Ho99o9 (gesprochen Horror - die werden noch mal ganz groß!), auf Pantha Du Prince, auf T.Raumschmiere, auf Bernard Sumner von New Order, auf den alten Mute-Label-Chef und Depeche-Mode-Entdecker Daniel Miller, auf Lapalux, auf Isolation Berlin, auf 18+ und auf Kane West. Ja, auf Kane West.
Außerdem natürlich auf Gudrun:

Und ich freue mich auf die beiden Erfinder von Pogo und von Breakdance (sein Name ist Ludwig, am Ende des Videos, es lohnt sich!):
Und dann haben wir natürlich auch noch „Friendly Friedrich from Pankow“, den Erfinder des Glam Rock. Ja, it began in Berlin! Und Pop-Kultur wird das noch mal deutlich machen. Ich bin dabei. Und alle meine 400 Freunde auch. Und die anderen, die so schlau waren, sich Tickets zu holen. Diese Tickets werden nämlich bald weg sein.
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Der Techno-Wickinger!

Machen wir uns nichts vor: Techno ist ein Genre, das einen schon manchmal am Sinn des Albumformats zweifeln lässt, es geht bei dieser Musik schließlich vor allem ums Tanzen. Und dazu braucht es den guten Einzeltrack, der mit vielen anderen guten Einzeltracks vom DJ zu einem nicht enden wollenden Klangteppich verwoben wird. Trotzdem: immer dann, wenn es ein Produzent schafft, mit einem Gefühl, mit einer ganz bestimmten Atmosphäre ein ganzes Album zu durchdringen, dann darf man begeistert sein. Der Berliner DJ und Produzent Lars Wickinger hat genau das auf seinem ersten Langspieler getan. Die „unknown side of the moon“, die unbekannte Seite des Mondes, ist ja auch die „dunkle Seite“ – und dunkel geht es hier zu. Dunkel und gefühlvoll, warm und nicht ganz so glatt poliert. Das Ganze endet mit „For My Mom“ – ein Stück, das Lars Wickinger für seine an Krebs gestorbene Mutter geschrieben hat. Techno ohne großen Firlefanz, ohne Kitsch, aber nicht ohne Emotionen.
Lars Wickinger – The Unknown Side Of The Moon (Label: So What Music)
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Das muss jetzt mal gesagt werden, Herr van Dyk!

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Zwischen Paul van Dyk und mir läuft es nicht so gut. Er mag mich nicht mehr, seit ich mich mal etwas ausführlicher über seine Musik und seine Unterstützung für den Radiosender „Sunshine Live“ geäußert habe. Ich halte ihn nach wie vor für einen sympathischer Typen, der, wie wir alle, gute und schlechte Seiten hat. Zu den schlechten gehört vor allem seine Musik. „The Politics of Dancing 3“ heißt die neue Platte von Matthias Paul (das ist PvD bürgerlicher Name) und sie ist eine solide Trance-Platte geworden. Womit wir auch schon gleich beim Problem sind: Read and rave on nach dem Klick ...
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