Jessie Ware ganz devot

Flower
Gegenentwurf zur Retro-Bewegung der letzten Jahre: Jessie Ware aus London! Während Adele, Amy Winehouse, Michael Kiwanuka und Dutzende andere den klassischen Soul als Inspirationsquelle nutzten und nutzen, schaut Jessie Ware in die Zukunft: Seele und Technik, Stimme und elektronische Sounds sollen sich reiben und stören und letztendlich doch ein eindringliches Ganzes ergeben.
„Devotion“ heißt die Debütplatte, die erst jetzt, mit ordentlicher Verspätung, auch in Deutschland als CD und Schallplatte herauskommt, während sie in England schon seit zwei Monaten in den Läden steht. Vielleicht liegt es daran, dass die 28-Jährige für den renommierten Mercury-Preis nominiert wurde – für Devotion als bestes englisches Album. Konnte ja keiner ahnen, dass Alt-J den bekommen (na ja, ahnen schon, aber wissen dann doch nicht).
Die Musik von Jessie Ware ist eine ziemlicht englische Angelegenheit: Sie selbst kommt aus South London, der Heimat der elektronischen, basslastigen Dubstep-Musik. Auch wenn sie vorher schon mit einem Indie-Rock-Musiker gearbeitet hatte, wurde sie in diesem Zusammenhang erste Mal sichtbar, als Stimme des Dubstep-Produzenten SBTRKT – mit diesen ersten Songs ersang sie sich die Chance auf ein eigenes Soloalbum – ihr makelloses Äußeres dürfte auch nicht geschadet haben – Jessie Ware wird in ihren Musikvideos als unnahbare und elegante Diva stilisiert. Auf vertrackten, futuristisch anmutenden Rhythmen und Beats gleitet ihre klare Stimme dahin, ein bisschen Sade scheint mitzuschwingen, aber auch andere frühe Versuche, Seele und moderne Klangtechnik ins Gleichgewicht zu bekommen, kommen einem in den Kopf: die frühen Massive Attack etwa. Also doch Retro? Überhaupt nicht: Jessie Ware zeigt die Richtung, in die der musikalische relevante R’n’B weiter gehen wird.