Ein Novy kommt selten allein

Flower
Es hatte natürlich einen Grund, warum ich vor Jahren mein Abo für die Musikzeitschrift Raveline gekündigt habe. Schwer, den in einem Satz zu erläutern, aber vielleicht hilft das weiter: Die Raveline ist zu sehr Sunshine Live und zu wenig ByteFM, zu sehr ATB und zu wenig ... James Blake, zu sehr Großraumdisco und zu wenig Berghain. Jedenfalls hatte ich damals entschieden, dass mir De:Bug und Groove reichen. Aber im Urlaub herrschen bekanntlich andere Gesetze und deshalb habe ich mir am Flughafen die Januarausgabe der Raveline gekauft, für 4,50 €.
Titelbild: André Tannenberger alias ATB. Im Heft selbst ist für mich aber vieles gut: Artikel über Deadmau5 und Daft Punk, über Ramon Tapia und Robert Babicz. Auffällig: Es gibt keinen einzigen „Themen“-Artikel, sondern es geht um Menschen, Menschen, Menschen. So richtig einfallsreich ist das nicht, denn wir wissen es ja ohnehin schon: XXX ist Produzent und DJ (und eventuell auch Labelbetreiber), er kommt von da oder dort, seine Einflüsse sind das und das und das und Kraftwerk. Alles bleibt ein wenig an der Oberfläche.

Weiter im Heft: Eine nichts sagende, sehr überflüssige Energy-Drink-Vorstellung ist schnell überblättert. Nach wie vor großartig: Die Zeichnungen von Bringmann & Kopetzki. Die vielen Plattenneuvorstellungen sind hilfreich, der Technikteil ist auch ok, die Veranstaltungstipps .... nun ja, ganz schön umfangreich für eine Ära, in der es Menschen geben soll, die Zugang zum Internet haben.

Weshalb ich all das hier schreibe? Wegen der letzten Seite im Heft, Tom Novys Kolumne. „Novys Welt“ heißt sie und ihretwegen konnte und kann ich die Raveline nicht ertragen. Novy, DJ und Produzent und Moderator, der seine besten Tage wohl doch schon hinter sich hat, schreibt auf diesen Seiten über ziemlich unerhebliche Dinge, in der Januarausgabe über den Streit in Miami zwischen den Machern der Winter Music Conference (WMC) und des Ultra Music Festivals (UMF). Mal ganz davon abgesehen, dass dieser Streit für die Leser der Raveline in etwa so relevant sein dürfte wie eine nicht funktionierende Schranke auf dem Firmenparkplatz von Red Bull, ist der Schreibstil des Tom Novy unerträglich: Eine Floskel („Der eine sagt dies und der andere das.“) jagt die nächste („Die Zeiten haben sich natürlich geändert und das ist auch gut so.“) Wie in seinem Blog ist der feine Herr Novy auch in dieser Kolumne ein Meister des Namedropping – ganz schön unspannend, mit wem er schon so gefeiert und gesoffen hat, noch dazu, weil es oft schon sehr lange her ist. Den vergangenen Zeiten trauert Novy unverkennbar hinterher, was ihn noch mehr zum „Has-been“ (wie die Amis so sagen) macht als die Tatsache, dass seine großen Hits schon ein paar Jahre her sind. Schuld daran, dass er sich keine großen Sausen in Miami mehr leisten kann, so kann man „Novys Welt“ entnehmen, sind die illegalen Downloads, die aber andere nicht so sehr betreffen wie ihn. Nicht leicht, sich damit abzufinden: Novy ist dementsprechend neidisch auf David Guetta, „die Schweden“, auf Tiesto.

Wie schön wäre es, wenn jemand, der eine Kolumne schreibt, auch richtig mit Worten umgehen kann! Bei Novy hat man das Gefühl, dass er immer einen Tick daneben liegt: Die Formulierungen treffen es nicht genau, die Sätze machen einen seltsamen Eindruck, die Argumente sind nicht logisch. Nächsten Monat kommt „Novys Welt“, um „mal ein Statement zu setzen in Sachen illegaler Downloads“. Kein Witz: Ich will das lesen. Und sehen, wie er sich dann wieder um Kopf und Kragen schreibt.