Meine Lieblingsplatten, Teil 6: Alcachofa

Flower
Lustig, da hat man seit fast einem Jahrzehnt eine Platte, die man ganz und gar toll findet, aber erst jetzt, wo man sie für Netz und Radio zugleich noch einmal vorstellen möchte, erschließt sich einem der Albumtitel: Alcachofa. Artischocke! War mir bislang nicht klar, ist aber komplett logisch. Denn wie man ja bei einer Artischocke auch die Blätter entfernen muss, um ans Herz zu kommen, muss man auch auf diesem Meisterwerk von Ricardo Villalobos nach und nach die Soundschichten durchdringen, um die Seele greifen zu können. Zu pathetisch? Na gut, ich kann auch anders.
Es fängt richtig gut an, dieses Alcachofa-Album, das Ricardo Villalobos, früher einmal Gott des Minimal, jetzt nur noch Sektenführer, im Jahr 2003 veröffentlicht hat. Es war die Zeit, als Electroclash und Indie-Disco sich anschickten, mächtig Rabatz zu machen. Nur hatte da niemand mit der Attacke aus einer ganz anderen Richtung gerechnet: Aus der Minimal-Ecke! Villalobos, immer Herr über seine Gerätschaften und Maschinen und Programme zeigt, was passiert, wenn Musik auf das Allernötigste reduziert wird. Die langsame, aber umso intensivere Abfahrt ist das Ziel, nicht Euphorie und Schock auf Euphorie und Schock.
Wie gesagt, es fängt richtig gut an, dieses Album, mit dem vielleicht besten Song, den er je gemacht hat, dem Überhit „Easy Lee“, der meinetwegen (neben Azure Rays „Raining In Athens“) gerne auf meiner Beerdigung gespielt werden darf. Vocoder-Breitseite! Und dann (Abfahrt!) ein extrem durchdachter Track nach dem anderen, die sich so langsam entwickeln, dass schnell klar wird: Mit mal schnell Nebenbeihören kommt man nicht weit. Am Samstag, gleich nach Electro Royale (wo ich „Alcachofa“ auch noch mal im Radio vorstelle und mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Tracks spielen werde), lege ich in Berlin im Club auf. Heideglühen heißt die Veranstaltung. Und ganz sicher wird uns dort dieser Klassiker erfreuen!

Interesse geweckt? Was ich sonst noch so zu „Alcachofa“ und Ricardo Villalobos zu sagen habe, kann man im Radio hören: www.byte.fm am Samstagabend von 20-22 Uhr. In Hamburg zu der Zeit auch auf UKW. ByteFM-Sendungen können übrigens auch noch mal angehört werden - dank unseres Archivs.