Stirb langsam (Club Edition)

In Berlin wird gestritten. Wieder einmal. Und wieder einmal um die Clubs. „Erst wenn die letzte Eigentumswohnung verkauft, das letzte Dachgeschoss ausgebaut und der letzte Freiraum zerstört ist, werdet ihr feststellen, dass der Prenzlauer Berg die Kleinstadt geworden ist, aus der ihr geflohen seid.“ - mit diesem Plakat protestiert der „Klub der Republik“ gegen seine Schließung – am 19. Januar begann dort die zehntägige Abschiedsparty: Am 29. Januar heißt es: Last Party Before Abrissbirne. Jahrelang hat man sich mit dem Ruf der Hauptstadt des Feierns geschmückt. Und nun schließt ein Club nach dem anderen.
In Berlin wird gestritten. Wieder einmal. Und wieder einmal um die Clubs. „Erst wenn die letzte Eigentumswohnung verkauft, das letzte Dachgeschoss ausgebaut und der letzte Freiraum zerstört ist, werdet ihr feststellen, dass der Prenzlauer Berg die Kleinstadt geworden ist, aus der ihr geflohen seid.“ - mit diesem Plakat protestiert der „Klub der Republik“ gegen seine Schließung – am 19. Januar begann dort die zehntägige Abschiedsparty: Am 29. Januar heißt es: Last Party Before Abrissbirne. Jahrelang hat man sich mit dem Ruf der Hauptstadt des Feierns geschmückt. Und nun schließt ein Club nach dem anderen. Zumindest sieht es auf den ersten Blick so aus: Die in aller Welt wegen ihrer exzessiven Feiern bekannte Bar 25 fällt einem ein.
In letzter Zeit aber scheint es sich auf den Bezirk Prenzlauer Berg zu konzentrieren: Erst muss der Knaack Club, der vorher fast 60 Jahre existierte, zumachen, weil sich Anwohner beschwerten. Dann zog der Magnet um. Es folgte das Icon – auch hier hatten sich einige Nachbarn über den Lärm beschwert – nicht den aus dem Club, sondern von den Menschen, die davor standen.
Früher war Prenzlauer Berg war ein Künstler und In-Bezirk. Jetzt ist er durchsaniert, fast die gesamte Bewohnerschaft wurde komplett ausgetauscht. Das zuständige Bezirksamt stellt ein „erhöhtes Ruhebedürfnis“ der neuen Prenzlauer Bergler fest.
Natürlich geht es um mehr als um Lautstärke: Die Stadt wird enger, die Plätze begehrter. Urberliner stehen gegen neue Berliner. Zugezogene werden pauschal als „Schwaben“ bezeichnet und verdächtigt, für steigende Mieten und Spekulantentum verantwortlich zu sein. Die Clubszene fühlt sich vom politischen Establishment im Stich gelassen, von finanzkräftigen Investoren bedroht. Investoren, die schon vor Jahrzehnten anfingen, Häuser in der Berliner Innenstadt aufzukaufen, war der zwischenzeitliche Hype sehr recht, wertete er die Gegend, in der ihre Immobilien stehen, doch weiter auf. Jetzt wollen sie Geld verdienen. Und dann ist da auch noch der Konflikt zwischen Feiernden und Wohnenden, die nun mal unterschiedliche Interessen haben.
Im Fall des Klubs der Republik ging es auch um neue Eigentumsverhältnisse – das Haus hat innerhalb kurzer Zeit zwei Mal den Besitzer gewechselt. Der erste wollte ein Hostel bauen, bekam dafür aber keine Genehmigung.
Noch etwas bedroht die Clubkultur in Berlin: Eine ganze Reihe von Clubs haben nicht nur mit Anwohnerbeschwerden, sondern auch mit erheblichen Steuernachforderungen zu kämpfen. Da geht es darum, ob der DJ ein Künstler ist oder keiner – je nachdem werden 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig, Finanzamt ist natürlich der Meinung, dass das keine Kunst ist, die Clubs haben aber nur 7 Prozent gezahlt.
Und wie verhält sich die Politik angesichts all dieser Konflikte? Man hat das Gefühl, sie hält sich raus und überlässt dem Markt und den Behörden das Ganze. Ein wenig verlogen ist das schon: Auf der einen Seite freut man sich über den Zuspruch, den Berlin bekommt, als kreatives Zentrum, das junge Leute anzieht, aber auch als aufregende Stadt, in die feierwütige Menschen kommen. Auf der anderen Seite nimmt man in Kauf, dass die Freiräume immer weniger werden. Noch sind Freiräume da, so dass man sagen kann: Muss ja nicht im Prenzlauer Berg feiern gehen, sondern kann das in Neukölln oder Kreuzberg. Aber da passiert ja dann das gleiche wie jetzt in Prenzlauer Berg. Und irgendwann gibt es eben nichts mehr zur Zwischennutzung, keine freien Flächen mehr, keine leerstehenden Keller, Läden oder Fabrikgelände – kein Platz mehr für Kunst und Musik. Und dann könnte sich dieser Prozess des hippen Berlins, das mit seinem Ruf Geld und Menschen anzieht, auch wieder umdrehen.
Wie gesagt: Berlin ist begehrt, der Platz wird knapp, zumindest der Platz in den begehrten Bezirken. Alle wollen dahin. Nach, sagen wir, Spandau zu gehen, funktioniert eben nur bedingt – da kommt dann nämlich keiner. Außer vielleicht die Spandauer. Trotzdem: es wird auch in Zukunft interessante und spannende Sachen in der Stadt geben. Nur wird Berlin irgendwann nicht mehr die Stadt der Clubs und der Musiker und Künstler sein, die ziehen dann woanders hin. Vielleicht wird man das alles auch erst im Nachhinein erklären können, dass hier gerade eine neue Ära anbricht.