Jeff Mills zaubert ein Buch

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Über 300 Seiten dick und exakt so groß wie eine Schallplatte. Ein Buch, mit dem der Technopionier Jeff Mills aus Detroit das 20. Jubiläum seines Plattenlabels feiert: „Sequence – A Retrospective of Axis“ heißt das Werk, das vor allem aus Fotos besteht – und einem kreditkartengroßen USB-Stick. Da findet sich dann Musik aus den letzten 20 Jahren, Musik, die Jeff Mills produziert hat. Sequence, die Geschichte seines Plattenlabels Axis in Bildern und Musik.
Jeff Mills - er ist ja tatsächlich eine Techno-Legende, einer, der praktisch von Anfang an dabei war, als es Mitte, Ende der 80er in Detroit mit dieser Musik losging. Der von Anfang an mit den richtigen Leuten zusammenarbeitete, der zum Beispiel das unglaublich einflussreiche Techno-Kollektiv „Underground Resistance“ mitbegründete. Der eigene Tracks produzierte, aber auch als DJ eine Ausnahmeerscheinung war: the Wizard nannte man ihn früher, den Zauberer, weil er eine verblüffende Technik draufhatte: Meist an drei Schallplattenspielern mischte er seine Musik, die Platten lagen zum Teil nur eine Minute auf dem Teller, dann nahm er sie runter, warf sie einfach hinter sich. Was aber nicht heißt, dass Jeff Mills altmodisch ist und den alten Zeiten hinterhertrauert: Er hat den Absprung geschafft und den Dancefloor zum Teil verlassen: Er fing an, Filmmusik zu produzieren, unter anderem hat er für Fritz Langs Metropolis einen neuen, elektronischen Score produziert, er ist mit symphonischen Orchestern aufgetreten, um seinem Techno neue Wege zu öffnen. Außerdem legt er bei seinem Label und bei der Eigenstilisierung großen Wert auf einen künstlerischen Ansatz: Aufwändige Fotos und eine eigene Ästhetik.
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Und was sieht man dann so in diesem Buch? Zum einen jede Menge Platten. Also richtig abfotografierte Vinyl-Schallplatten, Plattencover, CD-Cover, Booklets – Mills dokumentiert da die Veröffentlichungen seines Labels Axis. Dann immer wieder er selbst beim Spielen und Auflegen, zum Teil in richtig schönen Sequenzen – ein Dutzend Fotos, die ihn beim Mixen zeigen und fast wie ein Daumenkino wirken. Jeff Mills mit dem Philharmonieorchester Montpellier ist zu sehen, auch eine andere bekannte Aktion: Da hat er sich in ein Schaufenster einer Fußgängerzone gestellt und beim Auflegen anstarren lassen.
Techno gilt ja vor allem als funktionale Musik, die auf der Tanzfläche etwas auslösen soll, weniger als Musik mit Inhalt. Das ist in der Tag ein Zwiespalt, für den Jeff Mills, der übrigens in wenigen Monaten 50 wird, eine Lösung gefunden hat. Oder die Lösung hat ihn gefunden:
Mills ist laut eigener Aussage schon seit seiner Kindheit fasziniert vom Weltraum, Sternen und Planeten, aber auch von der Science-Fiction, also Raumschiffen, Zeitreisen, Außerirdische etc. Seine Songs und Alben stehen meist in diesem Zusammenhang, er erfindet Stories, die er zum Teil auch in den Booklets seiner CDs abdruckt, die Musik ist dann als eine Art Soundtrack zu diesen Geschichten zu verstehen. Eines seiner bekanntesten Werke hat er dem Saturn gewidmet – die Monde und Ringe des Saturn bekommen dort eigene Sounds zugewiesen, sehr spacig und experimentell hörte sich das an. Bei späteren Werken ist es manchmal so, dass Mills oft seine eigene Theorielastigkeit im Wege steht. Er liest sich manchmal ein halbes Jahr in ein Thema ein, aber geht dann in der musikalischen Umsetzung doch wieder die gleichen Wege.
So, hier noch noch mal die Informationen zum Buch: Sequence – A Retrospective of Axis Records heiß es, es hat 320 Seiten und 30 Tracks als Wav-Datei. Das alles zumammen kostet ca. 100 Euro, ist aber gar nicht so leicht zu bekommen, weil auf 500 Exemplare limitiert. Wer nur die Musik braucht: Die ist noch einmal extra auf CD veröffentlicht worden.