Mein Lieblingsplatten, Teil 10: Bittersüss

Flower
Vor fünf Jahren hat Mia Grobelny, damals einfach nur MIA, ihr zweites Album herausgebracht: Bittersüss. Jetzt, im Jahr 2012, kann man sagen: Es ist gut gealtert. Bzw. überhaupt nicht gealtert - und das ist jetzt als Kompliment gemeint. Mia Grobelny macht nach wie vor ähnliche Musik, reduziert, mit Konzentration auf subtile Basslinien, spröde-funky, mit leicht düsterer Note. Wenn mal allerdings weiß, dass dieses Album direkt nach ihrem Umzug von Köln nach Berlin entstanden ist und dieser Umzug hier nicht nur Spuren hinterlassen hat, sondern praktisch musikalisch bebildert wurde, dann hört man vielleicht noch einmal genauer hin.
Berlin ist eine Feierstadt, nicht erst seit gestern. Wenn man will, kann man hier theoretisch rund um die Uhr feiern gehen. Natürlich hält das keiner ewig durch, aber es ist wohl kein Geheimnis, dass es Mittelchen gibt, um die Party zu verlängern. Auch Mia Grobelny war dem nicht ganz abgeneigt, als sie nach Berlin kam und die ein oder andere unangenehme Erfahrung spiegelt sich dann auch in „Bittersüss“ wieder - der Titel selbst scheint ja auch schon in die Richtung zu zeigen. „Under The Bridge“ zum Beispiel ist einer dieser Tracks, bei dem man sich vorstellen kann, wie sich die Techno-Produzentin und DJ unter eine Berliner Brücke zurückzog, um erst einmal wieder runterzukommen. Aber nicht deshalb ist „Bittersüss“ nach wie vor so ein gutes Album, sondern wegen der eigenwilligen, neblig-trüben Stimmung, die komplett durchgehalten wird. Ein Album, das vielleicht den Drogen so einiges verdankt, bei dem man aber keine Drogen braucht, um sich selbst auf eine Reise zu begeben.
Wem das zu schwülstig ist: „Bittersüss“ ist wirklich fein produziert, die Stücke wandeln sehr konzentriert auf der harten Kante zwischen Track und Song und selbst wer nichts mit dieser Art von Techno, der an nur ganz vorsichtig poliertes Aluminium erinnert, anfangen kann, darf sich immer noch am Coverfoto erfreuen: Nie war Mia Grobelny feenhafter als dort.
Interesse geweckt? Was ich sonst noch so zu „Bittersüss“ und Michaela Grobelny zu sagen habe, kann man im Radio hören: www.byte.fm am Samstagabend von 20-22 Uhr. In Hamburg zur gleichen Zeit auch auf UKW. ByteFM-Sendungen können übrigens auch noch mal angehört werden - dank unseres Archivs.